Bluttest und KI detektieren Parkinson sieben Jahre vor Auftreten der Symptome

In einem internationalen Kooperationsprojekt haben Forschende der Universitätsmedizin Göttingen (UMG), der Paracelsus-Elena-Klinik Kassel und des University College London ein Testverfahren entwickelt, das es ermöglicht, die Diagnose einer Parkinson-Erkrankung bei Risikopatienten bis zu sieben Jahre vor dem Auftreten der typischen motorischen Symptome anhand einer Blutprobe vorherzusagen. Dieser Test soll im nächsten Schritt für die klinische Anwendung weiterentwickelt werden.

In einem ersten Schritt wurden Proteine in Blutproben von Parkinsonpatientinnen und Patienten der Paracelsus-Elena-Klinik Kassel und gesunden Studienteilnehmern mittels moderner Massenspektrometrie analysiert. Es konnten 23 Proteine identifiziert werden, die Unterschiede zwischen den erkrankten und gesunden Teilnehmern aufwiesen und somit als Biomarker für die Erkrankung infrage kommen. In einem zweiten Schritt wurden diese 23 Proteine in den Blutproben von Personen mit einer isolierten Rapid Eye Movement (REM)-Schlafverhaltensstörung untersucht, die ein hohes Risiko für eine Parkinson-Erkrankung darstellt.

Mit Hilfe künstlicher Intelligenz waren acht der 23 Proteine in der Lage, die Parkinson-Erkrankung für 79 Prozent dieser Risikopatienten bis zu sieben Jahre vor Auftreten der Symptomatik vorherzusagen. 

In der Studie wurden die Unterschiede von Proteinen im Blutplasma oder -serum zwischen 99 Parkinson-Patienten und 36 gesunden Kontrollpersonen verglichen. Die Parkinson-Patienten waren Teilnehmende der bereits seit 2009 laufenden De Novo Parkinson (DeNoPa)-Studie der Paracelsus-Elena-Klinik Kassel, deren Ziel es ist, die Parkinson-Erkrankung von den ersten Symptomen an in einer Langzeitperspektive zu verfolgen. Die Blutproben wurden mittels Massenspektrometrie, einem technischen Verfahren zur Trennung von Atomen und Molekülen anhand von Masse und Ladung, untersucht und die Konzentration verschiedener Blutproteine ermittelt. Die Analysen erfolgten in enger Kooperation mit Prof. Kevin Mills und Dr. Jenny Hällqvist, die sich in der „Translational Mass Spectrometry Research Group“ des University College London, Großbritannien, auf die Anwendung von Massenspektrometrie zur Identifizierung neuer Biomarker und Präzisionstests spezialisiert haben. Die Daten wurden anschließend mit Hilfe des maschinellen Lernens, einem Teilbereich der künstlichen Intelligenz, ausgewertet. Hierbei lernen Computersysteme Muster und Zusammenhänge in Daten zu erkennen und verbessern sich dadurch selbst. Es konnten Unterschiede in 23 Proteinen festgestellt werden.

In einem weiteren Schritt wurden die Blutproben von 72 Patienten mit einer isolierten REM-Schlafverhaltensstörung, die durch lebhafte Träume und körperliche Aktivität während des Traumschlafs gekennzeichnet ist und ein hohes Risiko für eine spätere Parkinson-Erkrankung darstellt, im Vergleich zu der gesunden Kontrollgruppe mit 36 Teilnehmenden unter Anwendung des maschinellen Lernens untersucht. Zum Zeitpunkt der ersten Blutabnahme hatte keine der untersuchten Personen mit Schlafverhaltensstörung motorische Hinweise auf eine Parkinson-Erkrankung. Beide Gruppen wurden über einen Zeitraum von zehn Jahren untersucht.

In der Studie konnten mittels Massenspektrometrie 23 Proteine in den Blutproben als mögliche Biomarker für die Parkinson-Erkrankung identifiziert werden. Mit Hilfe des maschinellen Lernens waren acht dieser Proteine in der Lage, bei 79 Prozent der Risikopatienten mit einer REM-Schlafverhaltensstörung, eine Parkinson-Erkrankung bis zu sieben Jahre im Voraus zu prognostizieren. Klinisch wurde dies in der Langzeitbeobachtung bestätigt. Im Verlauf der Studie erkrankten bereits 16 dieser Patienten an Parkinson.


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Michael Bartl, Assistenzarzt in der Klinik für Neurologie und Mitglied der Arbeitsgruppe „Translationale Biomarkerforschung bei neurodegenerativen Erkrankungen“ der Universitätsmedizin Göttingen (UMG). Credits: umg/Manuel Hewitt

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