Labormedizin könnte auf TikTok setzen

Die soziale Plattform TikTok kann als Vektor für die Vermittlung komplexer Gesundheitsinhalte an junge Menschen genutzt werden - auch von der Labormedizin.

Es sei "dringend notwendig, das Potenzial von TikTok und anderen Social-Media-Kanälen zu nutzen, um junge Menschen auf ansprechende und zugängliche Weise mit wissenschaftlichen Informationen über Adipositas zu versorgen", heißt es dazu auf dem European Congress on Obesity (ECO) in Venedig, Italien (12.-15. Mai).

Die Beliebtheit und große Reichweite solcher Plattformen biete die Möglichkeit, verschiedene Zielgruppen zu erreichen, darunter auch Jugendliche und junge Erwachsene, erklärt die leitende Forscherin Antonella Franceschelli von der Unicamillus International Medical University in Rom.

Um mehr über dieses Potenzial zu erfahren, analysierten Franceschelli und Kollegen Metriken des TikTok-Accounts von "Dr. Anthos". Dieser von Franceschelli geführte Account in italienischer Sprache enthält kurze Videos über die Behandlung von Fettleibigkeit. Dazu gehören Informationen über gesunde Ernährung, Bewegung und medikamentöse Behandlungen sowie Live-Fragen an Ärzte.

Der Inhalt wurde nach Themen aufgeteilt und die Anzahl der Aufrufe für jedes Video gezählt.

Die Mediziner analysierten 108 Videos, die zwischen September 2021 und Februar 2024 veröffentlicht wurden.

Das Ergebnis: Die Videos wurden insgesamt 4.631.982 Mal angesehen, was einer durchschnittlichen Anzahl von Aufrufen pro Video von 42.495 entspricht.

Videos über Medikamente zur Behandlung von Fettleibigkeit waren mit durchschnittlich 135.945 Aufrufen pro Video am beliebtesten. Das meistgesehene Video über Semaglutid wurde fast eine Million Mal (959.536) angesehen. Das Publikum war zu 57 Prozent weiblich, vier Prozent waren junge Menschen zwischen 18 und 24 Jahren.

Live-Fragestunden, bei denen man einem Adipositas-Spezialisten Fragen stellen konnte, zogen jeweils bis zu 2.000 Teilnehmer an, wobei die Sitzungen zum Thema Stigma besonders viele Diskussionen zwischen Patienten und mit dem Arzt auslösten.

Die Forscher kamen zu dem Schluss, dass soziale Medien ein leistungsfähiges Instrument sind, um wissenschaftliche Daten auf wirkungsvolle und ansprechende Weise zu kommunizieren.

Der Einsatz von TikTok im Bereich der Labormedizin wird indes bislang kaum genutzt.

So finden sich unter dem Hashtag #labormedizin zwar Beiträge, doch deren Anzahl ist überschaubar. Auch vermitteln die Videos lediglich marginal komplexe Inhalte der Labormedizin in aufbereiteter Form.

Wer nach Videos über Blutwerte sucht, wird zwar fündig. Allerdings sind evidenzbasierte Videos kaum vorhanden. Dass man komplexe Gesundheitsthemen in deutscher Sprache durchaus via TikTok vermitteln kann, demonstriert die AOK Plus mit einem Beitrag zum Blutdruck. Wer den Clip als Laie ansieht weiß am Ende der TikTok-Reise, was ein sistolischer und diastolischer Wert aussagt.


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TikTok kann komplexe Inhalte an junge Menschen vermitteln - was auch die Labormedizin nutzen kann. Credits: Pexels/cottonbro studio

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