Multiple Sklerose (MS): Worauf man bei der Labordiagnose achten muss

Erfahren Sie von DGKL-Expertin Astrid Petersmann in unserem NACHGEFRAGT SPEZIAL, welche labordiagnostischen Methoden die Erkennung der Erkrankung ermöglichen - und worauf Ihr behandelnder Arzt oder Ärztin unbedingt achten sollte.


DGKL News: Frau Prof. Petersmann, Sie leiten das Universitätsinstitut für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin am Klinikum Oldenburg. Auf welche labormedizinischen Untersuchungen sollten Neurologen setzen, wenn sie eine MS nachweisen bzw. ausschließen wollen?
 

Petersmann: Reiber-Diagramm für IgG, IgA und IgM, oligoklonale Banden, MRZ-Reaktion, sowie Basisdiagnostik mit Zellzahl, Protein, Glukose und Laktat.
 

DGKL News: Unikliniken und MS-Zentren werden damit etwas anfangen können, niedergelassene Medizinerinnen und Mediziner gerade im ländlichen Raum womöglich eher nicht direkt auf Anhieb. Kann man diese Werte nur im Liquor nachweisen, oder gibt es erste Verdachtswerte, die der Hausarzt im Blut erkennen kann?
 

Petersmann: Es muss immer ein Serum-Liquor-Pärchen untersucht werden. Liquor alleine reicht nicht - und Blut alleine ebenfalls nicht.


DGKL News: Welche neuen Nachweisverfahren für MS stehen jetzt, oder in der nahen Zukunft, zur Verfügung? Diskutiert wird beispielsweise der Marker Neurofilamente.


Petersmann: Da wäre als potentieller Kandidat auch die Leichtketten (FLC), beides als gute Zusatzinformation, aber aktuell noch nicht in den AWMF Leitlinie  "Lumbalpunktion und Liquordiagnostik" oder "Diagnose und Therapie der Multiplen Sklerose, Neuromyelitis-opticaSpektrum-Erkrankungen und MOG-IgG-assoziierten Erkrankungen" enthalten.


DGKL News: Frau Petersmann, vielen Dank für Ihre Zeit!

 

Die Fragen stellten DGKL-News Redakteure Marita Vollborn und Vlad Georgescu


Hintergrund: Multiple Sklerose (MS) ist eine chronische entzündliche Krankheit, die das zentrale Nervensystem angreift. Sie kann das Gehirn, das Rückenmark und die Sehnerven schädigen. Weltweit leiden schätzungsweise 2,5 Millionen Menschen an MS, darunter etwa 200.000 in Deutschland. Frauen sind mit rund 70 Prozent häufiger betroffen. In Deutschland liegt das Erkrankungsrisiko für MS bei 0,1 bis 0,2 Prozent der Bevölkerung.


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Weiterführende Informationen:
 

 

Aus Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie © DGN 2019 | S 56:
 

  • "Zukünftig möglicherweise praxisrelevante Weiterentwicklungen in der Liquordiagnostik bei MS sind die Bestimmung von kappa-freie Leichtketten (κ-FLC) zum Nachweis einer intrathekalen Ig-Synthese (Presslauer et al. 2016; Schwenkenbecher et al. 2018; Voortman et al. 2017) sowie von Neurofilamenten im Liquor und im Serum als Marker für neuroaxonalen Schaden (Disanto et al. 2017; Khalil et al. 2018; Kuhle et al. 2016)."

 

Prof. Astrid Petersmann ist Direktorin des Universitätsinstituts für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin am Klinikum Oldenburg. Credits: Klinikum Oldenburg/Astrid Petersmann

Prof. Astrid Petersmann ist Direktorin des Universitätsinstituts für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin am Klinikum Oldenburg. Credits: Klinikum Oldenburg/Astrid Petersmann