Glioblastom: Iontronische Pumpen verbessern die Krebstherapie

Wenn niedrige Dosen von Krebsmedikamenten mit Hilfe von iontronischen Pumpen kontinuierlich in der Nähe von bösartigen Hirntumoren verabreicht werden, sinkt das Wachstum der Krebszellen drastisch.

Das konnten Forscher der Universität Linköping (Schweden) und der Medizinischen Universität Graz (Österreich)  in Experimenten mit Vogelembryonen nachweisen. Die Ergebnisse, die im Journal of Controlled Release veröffentlicht wurden, seien "einen Schritt näher an neuartigen, wirksamen Behandlungen für schwere Krebsformen".

Bösartige Hirntumore treten trotz Operation und Nachbehandlung mit Chemotherapie und Bestrahlung häufig wieder auf. Das liegt daran, dass sich Krebszellen tief im Gewebe "verstecken" können und dann wieder nachwachsen. Die wirksamsten Medikamente können die so genannte Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden - ein dichtes Netz, das die Blutgefäße im Gehirn umgibt und verhindert, dass viele Substanzen aus dem Blut in das Gehirn gelangen. Daher gibt es nur sehr wenige Behandlungsmöglichkeiten für aggressive Hirntumore.

Im Jahr 2021 zeigte eine Forschungsgruppe der Universität Linköping und der Medizinischen Universität Graz, wie eine iontronische Pumpe zur lokalen Verabreichung von Medikamenten und zur Hemmung des Zellwachstums bei einer besonders bösartigen und aggressiven Form von Hirntumor - dem Glioblastom - eingesetzt werden kann. Damals wurden die Versuche an Tumorzellen in einer Petrischale durchgeführt.

Nun hat dieselbe Forschungsgruppe den nächsten Schritt zur Anwendung dieser Technologie in der klinischen Krebsbehandlung getan. Indem man Glioblastomzellen in unentwickelten Vogelembryonen wachsen lässt, können neue Behandlungsmethoden an lebenden Tumoren getestet werden. Die Forscher zeigten, dass das Wachstum der Krebszellen zurückging, wenn niedrige Dosen starker Medikamente (Gemcitabin) kontinuierlich über eine iontronische Pumpe direkt neben dem Hirntumor verabreicht wurden.

"Wir haben bereits gezeigt, dass das Konzept funktioniert. Jetzt verwenden wir ein Modell mit einem lebenden Tumor, und wir können sehen, dass die Pumpe das Medikament sehr effektiv verabreicht. Obwohl es sich also um ein vereinfachtes Modell eines Menschen handelt, können wir mit größerer Sicherheit sagen, dass es funktioniert", sagt Daniel Simon, Professor für organische Elektronik an der Universität Linköping.

Das Konzept für eine künftige Behandlung des Glioblastoms sieht die chirurgische Implantation eines iontronischen Geräts direkt in das Gehirn, in die Nähe des Tumors, vor. Dieser Ansatz ermögliche den Einsatz niedriger Dosen wirksamer Medikamente unter Umgehung der Blut-Hirn-Schranke. Eine präzise Dosierung, sowohl in Bezug auf den Ort als auch auf den Zeitpunkt, sei für eine wirksame Behandlung entscheidend. Außerdem können den Forschenden zufolge "mit dieser Methode die Nebenwirkungen minimiert werden, da die Chemotherapie nicht im gesamten Körper zirkulieren muss".

Die Forschenden hoffen, dass die Iontronik nicht nur bei Hirntumoren, sondern auch bei vielen anderen schwer zu behandelnden Krebsarten eingesetzt werden kann.


Original Paper:
 

Continuous iontronic chemotherapy reduces brain tumor growth in embryonic avian in vivo models - ScienceDirect

 

Weiterführende Informationen:
 

Hirntumoren: Symptome, Ursachen, Diagnose und Therapie (krebsinformationsdienst.de)

 

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Die iontronische Pumpe könnte zur lokalen Verabreichung von Medikamenten und zur Hemmung des Wachstums von Krebszellen eingesetzt werden. Credits: Thor Balkhed

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