Expertenrunde: Akademische Freiheit in der EU ist nicht ausreichend geschützt

Die rechtliche Rahmenbedingungen auf europäischer Ebene reichen nicht aus, um gegen Verstöße gegen die akademische Freiheit vorzugehen. Das ist das Ergebnis einer hochkarätigen Expertenrunde im Rahmen des Forontiers Policy Labs Webinar, das am gestrigen Dienstag zu Ende ging.

Professor Peter Maassen argumentiertein einer wichtigen öffentlichen Debatte zu diesem Thema, dass "die rechtlichen Rahmenbedingungen auf europäischer Ebene nicht ausreichen, um Verstöße gegen die akademische Freiheit zu bekämpfen".

In seiner Rede auf dem Frontiers Policy Labs Webinar "Powering Academic Freedom - Essential Insights for Policy Makers" reagierte Professor Maassen, Hauptautor des EU-Berichts "Academic Freedom Monitor 2023" des Europäischen Parlaments, auf die Schilderung seiner Podiumskollegin Professor Andrea Petö. Diese hatte erklärt, wie die Central European University ihren Kampf um den Verbleib in Budapest angesichts der Maßnahmen der derzeitigen ungarischen Regierung "verloren" habe, die "innerhalb von zwei Wochen die gesamte Hochschulbildung privatisieren konnte".

Der Vorsitzende und Geschäftsführer des französischen Nationalen Zentrums für wissenschaftliche Forschung (CNRS), Professor Antoine Petit, warnte davor, die akademische Freiheit mit der Meinungsfreiheit zu verwechseln. Er räumte ein, dass beide Säulen der Demokratie seien. Aber bei der akademischen Freiheit gehe es um das durch die Wissenschaft erworbene Wissen, während es bei der Meinungsfreiheit um die Meinung gehe.

Petit warnte davor, die akademische Freiheit durch die Meinungsfreiheit zu untergraben. Marcus Scheuren, EU-Referatsleiter im STOA-Sekretariat, wies in diesem Zusammenhang auf die Überlegungen des Europäischen Parlaments hin, den Schutz der akademischen Freiheit in eine künftige Vertragsrevision aufzunehmen, räumte jedoch ein, dass dies ein ehrgeiziges Ziel sei und Zeit brauche.

Der Vorsitzende der Diskussion, Professor Robert-Jan Smits, ehemaliger Generaldirektor der Generaldirektion Forschung und Innovation (FTE) der Europäischen Kommission und jetziger Präsident des Exekutivrats der Technischen Universität Eindhoven, fasste wiederum zusammen, dass die akademische Freiheit auch nach den kommenden Wahlen ganz oben auf der EU-Agenda stehen müsse. Rechtsinstrumente zum Schutz der akademischen Freiheit seien weiterhin wichtig. Zudem sei "eine ständige Online-Plattform für den kontinuierlichen Dialog mit Forschern über die akademische Freiheit" erforderlich.

 

Zu den führenden Experten aus ganz Europa zählten:
 

  • Professor Dr. Robert-Jan Smits, Präsident, Vorstand der Technischen Universität Eindhoven, Niederlande (Vorsitz)

  • Professor Dr. Peter Maassen, Professor für Hochschulstudien, Fachbereich Bildung, Universität Oslo (UiO), Norwegen

  • Professor Dr. Antoine Petit, Vorsitzender und CEO, Französisches Nationales Zentrum für wissenschaftliche Forschung (CNRS), Frankreich

  • Professor Dr. Andrea Petö, Central European University (CEU), Österreich; CEU Democracy Institute, Ungarn

  • Marcus Scheuren, Referatsleiter des STOA-Sekretariats, Europäischer Parlamentarischer Forschungsdienst, EU


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Die EU muss die Akademische Freiheit besser schützen, fordern Fachleute. Credits: Pixabay.

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