Tödliche Wissenslücke: Mehrheit der Bevölkerung kennt PFAS als Gesundheitsrisiko nicht

PFAS führen zu Krebs und schädigen Neugeborene - trotzdem ist der Begriff den meisten Menschen in Deutschland unbekannt. Zu diesem Ergebnis gelangt der aktuelle BfR-Verbrauchermonitor.

Per- und polyfluorierte Chemikalien (PFAS) sind langlebige industriell hergestellte Verbindungen, die sich in Umwelt und Organismus anreichern können. In letzter Zeit sind sie wegen möglicher Gesundheitsrisiken zunehmend in die öffentliche Diskussion geraten. Dennoch sind PFAS einem Großteil der Bevölkerung nicht bekannt. Das ergab der Verbrauchermonitor, eine regelmäßige repräsentative Umfrage des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR). Danach haben sechs von zehn Befragten noch nichts von PFAS gehört. Der Verbrauchermonitor hatte erstmals nach den Substanzen in Verbraucherprodukten gefragt. Spitzenreiter in Sachen Bekanntheit bei vorgegebenen Gesundheits- und Verbraucherthemen sind „Mikroplastik in Lebensmitteln“, „E-Zigaretten“ (je 95 Prozent) sowie „gentechnisch veränderte Lebensmittel“ (93 Prozent) und „Antibiotikaresistenzen“ (92 Prozent). „Der Verbrauchermonitor belegt, dass Bekanntheit und Beunruhigung über bestimmte Verbraucherthemen für längere Zeit erstaunlich stabil sind“, sagt BfR-Präsident Professor Andreas Hensel. „Ebenso zeigt sich konstant, dass ,menschengemachte‘ Risiken für gefährlicher gehalten werden als natürliche.“

„Was sind Ihrer Meinung nach die größten gesundheitlichen Risiken für Verbraucherinnen und Verbraucher?“ Am häufigsten genannt werden hier verschieden umschriebene „unerwünschte Stoffe“ (28 Prozent), gefolgt von Kunststoffen (19 Prozent), bestimmten Nährstoffen wie Zucker, Fett und Salz (13 Prozent) sowie ungesunder Lebensweise (11 Prozent). Am unteren Ende finden sich Hygienemängel, Fleischkonsum (je 4 Prozent) sowie allgemeine Klima- und Umweltbelastungen (3 Prozent).

„Wie gut fühlen Sie sich über die folgenden Verbraucherthemen informiert?“ lautete eine weitere Frage. Hier stehen mit „(sehr) gut informiert“ an erster Stelle „Lebensmittelhygiene zu Hause“ (60 Prozent), Antibiotikaresistenzen (38 Prozent) sowie Mikroplastik in Lebensmitteln (37 Prozent). Das Schlusslicht bei der Informiertheit bilden „verschluckte Knopfzellen (Batterien)“ mit 13 Prozent, PFAS mit 10 Prozent und Campylobacter (ein Lebensmittelkeim) mit 8 Prozent.

Dabei ist die Liste der PFAS-Risiken ebenso lang, wie die dazu publizierten Studien. Einige Beispiele:

  • Chinesische Forschende der Fudan-University konnten PFAS im mütterlichen Serum, im Nabelschnurserum und in der Muttermilch nachweisen. Damit ist die Gesundheit der Säuglinge potenziell gefährdet. Eine entsprechende Studie (DOI:10.1016/j.eehl.2024.04.007), die bereits am 8. Mai 2024 in der Zeitschrift Eco-Environment & Health veröffentlicht wurde, hat auf der Grundlage der Shanghai Maternal-Child Pairs Cohort die Gehalte, Gesundheitsrisiken und Transportproteinbindungsfähigkeiten von Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS) beleuchtet.
     
  • Forschende der Wayne State University vermuten einen Zusammenhang zwischen der Exposition gegenüber per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) bei Männern und Gesundheitsproblemen bei deren Nachkommen. Die Studie, die kürzlich in der Zeitschrift Environment International veröffentlicht wurde, untersuchte die Auswirkungen von PFAS-Mischungen auf das Methylom der Spermien und die Transkriptionsveränderungen in den Stoffwechselgeweben der Nachkommen, darunter der Leber und dem Fett.

  • Bei einer gemeinsamen Testreihe von 14 Umweltschutzgruppen aus vier Kontinenten, darunter auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), wurden in 35 von 56 getesteten Kinderoutdoorjacken (62,5 Prozent) PFAS nachgewiesen. In 16 Fällen waren in der EU geltende Grenzwerte der per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen überschritten. Am häufigsten wurde PFOA (Perfluoroctansäure) nachgewiesen, eine hochtoxische PFAS-Verbindung, die für ein weltweites Verbot gelistet ist. PFAS lassen sich im Blutserum nachweisen - und haben erhebliche Auswirkungen auf den menschlichen Organismus. So scheint die auch Bildung von Antikörpern nach Impfungen reduziert zu sein.

Das Schweizerische Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen verweist explizit auf die immunologischen Auswirkungen im menschlichen Körper
„Epidemiologische Untersuchungen zu den möglichen Auswirkungen von PFAS auf den Menschen, also Studien, die sich auf die Bevölkerung beziehen, wurden durchgeführt. Sie geben Hinweise darauf, dass erhöhte Spiegel bestimmter PFAS im Blut mit Veränderungen einhergehen, die möglicherweise gesundheitlich relevant sind. So scheint die Bildung von Antikörpern nach Impfungen reduziert zu sein. Weiter wurde eine Verbindung mit einem höheren Cholesterinspiegel im Blut und einem geringeren Gewicht von Neugeborenen beschrieben“.

Auch das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung machte bereits 2020 auf die bestehenden Risiken und Grenzwerte aufmerksam und bezog sich dabei auf Studien bezogen, die auf eine Wirkung bestimmter PFAS auf das Immunsystem hinweisen. Als tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge (TWI) wurde ein Wert in Höhe von 4,4 Nanogramm (ng) pro Kilogramm (kg) Körpergewicht pro Woche für die Summe von vier PFAS, nämlich PFOA, PFNA, PFHxS und PFOS, abgeleitet.

Laut BfR liegen weltweit für einige PFAS Daten zum Vorkommen in humanem Blutplasma bzw. -serum und in der Muttermilch vor. Die im Körper vorhandene Menge an PFAS („interne Exposition“) sei unterschiedlich für jede einzelne Verbindung.Laut einer Stellungnahme der Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) repräsentieren sieben Verbindungen, PFOA, PFNA, PFHxS, PFOS, Perfluorheptan sulfonsäure (PFHpS), Perfluordecansäure (PFDA) und Perfluorundecansäure (PFUnDA) bei Erwachsenen rund 97 Prozent der bisher am häufigsten untersuchten PFAS im menschli chen Blut in Europa.


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Gesundheitliche Auswirkungen der Exposition gegenüber PFAS. Credits: Wikipedia / CC BY 2.5 DK DEED Attribution 2.5 Denmark

Gesundheitliche Auswirkungen der Exposition gegenüber PFAS. Credits: Wikipedia / CC BY 2.5 DK DEED Attribution 2.5 Denmark