Die ersten Jahre der Mutterschaft führen verstärkt zu Depressionen

Daten der pharmakoepidemiologischen Forschungsdatenbank (GePaRD)​​​​​​​ belegen: In den ersten vier Jahren der Mutterschaft steigen unter anderem Verschreibungen von Antidepressiva und die Anzahl von Psychotherapien an.

Das Wichtigste in Kürze:

• Abrechnungsdaten von Krankenkassen zeigen, dass in der Zeit kurz vor und unmittelbar nach der Geburt relativ wenige Depressionen, andere psychische Störungen sowie Schlafstörungen und damit einhergehende Behandlung kodiert (von Ärztinnen und Ärzten zu Abrechnungszwecken als Diagnose angegeben) werden. Dies lässt auf eine Phase guter psychischer Gesundheit schließen. Auch Umfrageergebnisse belegen, dass sich Frauen während der Schwangerschaft im Durchschnitt in guter gesundheitlicher Verfassung befinden, was sich im psychischen Wohlbefinden widerspiegelt.

• In den ersten vier Jahren nach der Geburt treten in den Abrechnungsdaten der Krankenkassen häufiger psychische Erkrankungen auf. Auch die Einnahme von Antidepressiva und Psychotherapien nimmt in dieser Zeit zu. Ähnliche Muster sind bei der Einnahme von Schmerzmitteln und der Kodierung von Kopfschmerzen und anderen potenziell stressbedingten körperlichen Erkrankungen festzustellen. Auch Umfragen zum Wohlbefinden deuten auf eine Verschlechterung der psychischen Gesundheit hin.

• Vier Jahre nach der Geburt liegt die Verschreibung von Antidepressiva bei Frauen, die während dieser Zeit kein weiteres Kind bekommen haben, um 44 Prozent über dem Niveau vor der Schwangerschaft und steigt von ca. 2,6 auf etwa 3,7 Prozent. Auswirkungen des Alters und ein grundsätzlicher Anstieg von psychischen Erkrankungen im Beobachtungszeitraum wurden in der Studie herausgerechnet. Die Wahrscheinlichkeit der Kodierung einer Depression steigt im Vergleich zur Schwangerschaft um acht Prozent (von ca. 6,3 auf 6,8 Prozent) und die Wahrscheinlichkeit einer kodierten Schlafstörung um 18 Prozent (von ca. 0,78 auf 0,9 Prozent).

• Im Vergleich zu Psychotherapien nimmt die Bedeutung von Antidepressiva zu. Befragungsdaten zu Glücksgefühlen und Traurigkeit, die das gesamte Spektrum der Emotionen und nicht nur psychische Erkrankungen abdecken, liefern trotz der geringen Stichprobengröße auffallend ähnliche Ergebnisse wie die Ergebnisse auf Basis der Krankenkassendaten.

• Zusätzliche Umfrageergebnisse zum Alltag der Mütter deuten darauf hin, dass dauerhaft weniger Schlaf, Sport und andere Freizeitaktivitäten – zusammen mit umfangreichen Kinderbetreuungsaufgaben und potenziellen psychosozialen Belastungen – wesentlich zu einer schlechteren psychischen Gesundheit beitragen.

• Die Auswirkungen der Mutterschaft auf die psychische Gesundheit unterscheiden sich kaum nach Bildungsgrad der Mutter und sind für ost- und westdeutsche Mütter ähnlich. Das bedeutet: Die gesundheitlichen Folgen nach der Geburt sind für eine große soziale Gruppe von Müttern relevant.

• Die Studie von RWI-Wissenschaftler Fabian T. Dehos, Marie Paul und Karolin Süß von der Universität Duisburg-Essen sowie Wiebke Schäfer vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie – BIPS basiert auf Daten der pharmakoepidemiologischen Forschungsdatenbank (GePaRD) für die Jahre 2004 bis 2019 sowie auf Umfragedaten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) und des Beziehungs- und Familienpanels Pairfam, die subjektive Einschätzungen zu Stimmung, psychischer Gesundheit und Lebenszufriedenheit liefern.  


Original Paper:
 

 

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„Unsere Studie bestätigt Eindrücke aus den sozialen Medien und öffentlichen Debatten, dass viele Frauen mit Erschöpfung leben, was gemeinhin als ‚Mütter-Burnout‘ bezeichnet wird“, sagt RWI-Wissenschaftler Fabian T. Dehos und hebt hervor: „Zwar ist die Gesundheit um den Zeitpunkt der Geburt im Durchschnitt besonders gut, in den ersten Jahren der Mutterschaft zeigen sich jedoch deutliche Verschlechterungen.“ Symbolbild. Credits: Pixabay.

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