Transparenzoffensive: AWMF fordert Veröffentlichung aller klinischen Studienergebnisse

Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF) unterstützt die Forderung nach Veröffentlichung aller klinischen Studienergebnisse des „Bündnis Transparenz in der Gesundheitsforschung“.

Die AWMF sieht es jedoch als erforderlich an, die Empfehlungen des Positionspapiers weiterzuentwickeln.

„Der AWMF ist das Problem der zum Teil verzerrten Evidenz in der medizinischen Forschungsliteratur durch bevorzugte Publikation der erwarteten Studienergebnisse bekannt. Wenn zukünftig verpflichtend alle Forschungsergebnisse offengelegt werden, wird die Gesundheitsforschung wesentlich transparenter und der Patientennutzen durch realitätsnähere Behandlungsempfehlungen gesteigert“, erklärt Erika Baum, Vorsitzende der Kommission Qualitätsentwicklung in Forschung und Lehre der AWMF.

„Die Intention des Positionspapiers halten wir für richtig“, sagt Rolf-Detlef Treede, Präsident der AWMF.

„Einige Aspekte der Umsetzung sollten aber überarbeitet werden. Hierzu zählt unter anderem die Erhöhung des bürokratischen Aufwands durch zusätzliche gesetzliche Regelungen durch das Bundesgesundheitsministerium, oder die Überflutung der Öffentlichkeit mit ungeprüften Rohdaten durch Preprint-Server“, erklärt Treede.

Tatsächlich kommt das Positionspapier des Bündnisses zu folgenden essentiellen Schlussfolgerungen:

  • "Die Ergebnisse beispielsweise von etwa einem Drittel aller von Deutschen Universitätskliniken geleiteten klinischen Studien bleiben unveröffentlicht. Dies führt zu einem verzerrten Gesamtbild der Evidenz und kann letztlich zu schlechteren Behandlungen führen.
     
  • Die Nichtveröffentlichung von Studienergebnissen unterläuft das Vertrauen von Studienteilnehmer*innen, die zum medizinischen Fortschritt beitragen wollen.
     
  • Forschungsgelder für Studien, die nicht veröffentlicht werden, werden verschwendet (Research Waste).
     
  • Für die klinische Forschung zu Arzneimitteln und Medizinprodukten wurde dieses Problem durch gesetzliche Veröffentlichungspflichten bereits in Teilen gelöst. Für klinische Studien mit anderen Interventionen (z.B. aus Chirurgie, Zahnheilkunde, Psychotherapie) bleibt das Problem der Nichtveröffentlichung bestehen.
     
  • Die Veröffentlichung einer Zusammenfassung von Studienergebnissen (Summary Results) in einem Register innerhalb eines Jahres nach Studienende, wie dies auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) fordert, spricht nicht gegen die spätere Veröffentlichung von Studienergebnissen in einem begutachteten Fachartikel".

„Bei geförderten Projekten müssen prinzipiell ausreichende Mittel für Open-Access-Publikationen eingeplant werden und die Drittmittelgeber sollten größere Anteile der Sachberichte nach Projektende veröffentlichen“, fordert daher der AWMF-Präsident.

Das Positionspapier bringt die Problematik auch ökonomisch auf den Punkt:

"Der Umfang des Problems ist enorm: Im oben genannten Beispiel hatten an den 188 Studien, deren Ergebnisse auch fünf Jahre nach Studienabschluss noch nicht veröffentlicht waren, mehr als 21.000 Patient*innen teilgenommen. Die Kosten für diese Studien lagen schätzungsweise im dreistelligen Millionenbereich". 


Weiterführende Informationen:

Positionspapier Bündnis Transparenz in der Gesundheitsforschung | Cochrane Deutschland

 

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Dier DGKL beteiligt sich im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) aktiv an der Erstellung von Leitlinien zur indikationsgerechten Verwendung von Laboratoriumsuntersuchungen. Credits: AWMF

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