VR-Therapie kann Schmerzen bei Krebspatienten lindern

Schon eine 10-minütige Sitzung in virtueller Realität (VR) lindert die Schmerzen von Krebspatienten im Krankenhaus erheblich. Selbst einen Tag nach der VR-Session war eine palliative Besserung spürbar. Zu diesem Ergebnis gelangt eine im Fachblatt CANCER veröffentlichte Studie.

VR-Sitzungen haben sich bei verschiedenen Patientengruppen als nicht-invasive und nicht-pharmakologische Methode zur Schmerzlinderung etabliert. Allerdings fehlten bislang valide Daten für die Anwendung bei Menschen mit Krebs.

Um diese Wissenslücke zu schließen hat ein Team um Hunter Groninger von der Georgetown University School of Medicine und MedStar Health insgesqamt 128 krebskranke Erwachsene per VR behandelt.  Die Hälfte der Studienteilnehmenden erhielt eine 10-minütige immersive VR-Intervention mit ruhigen, angenehmen Umgebungen. Die andere Gruppe bekam eine 10-minütige, zweidimensional geführte Bilderfahrung auf einem iPad-Tablet. Letztere war demnach keine VR—Applikation.

Die Forscher fanden heraus, dass zwar beide Interventionen die Schmerzen verringerten - aber nur die VR-Sitzungen eine größere Wirkung entfalteten. Auf der Grundlage von Patientenangaben auf einer Skala von 0 bis 10 berichteten Probanden in der Gruppe mit geführter Imagination über einen durchschnittlichen Rückgang der Schmerzwerte um 0,7, während die Patienten in der VR-Gruppe einen durchschnittlichen Rückgang von 1,4 meldeten.

Vierundzwanzig Stunden nach der zugewiesenen Intervention berichteten die Teilnehmer der VR-Gruppe über eine anhaltende Verbesserung der Schmerzintensität (1,7 Punkte weniger als der Ausgangswert vor der VR-Intervention) im Vergleich zu den Teilnehmern der Gruppe mit geführten Bildern (nur 0,3 Punkte weniger als der Ausgangswert vor der aktiven Kontrollintervention).

"Die Ergebnisse dieser Studie deuten darauf hin, dass immersive VR eine nützliche nicht-medikamentöse Strategie zur Verbesserung des Schmerzempfindens bei Krebs sein kann", erklärt Groninger.

Ein Ersatz für pharmakologische Schmerzmittel sei VR nicht, betonen die Forschenden. Allerdings könnte eine ärztlich verschriebene VR-Therapie „zusätzlich zu den üblichen Strategien zur Behandlung von Krebsschmerzen“ eine sinnvolle Erweiterung sein.

Die Labormedizin könnte VR-Schmerztherapien zum Druchbruch verhelfen

Tatsächlich könnten VR-Therapien bei chronischen Schmerzen in Zukunft eine wichtige Rolle in der Medizin spielen. Denn die Wirksamkeit der VR-Methoden lässt sich mit Hilfe von Biomarkern objektiv messen: Gehirnsignale im Gerhirn verraten dabei, wie stark die Schmerzen eines Mernschen wirklich sind. Eine in "Nature Neuroscience" veröffentlichte Studie vom Mai vergangenen Jahres war die erste Arbeit, in der die mit chronischen Schmerzen verbundenen Gehirnsignale eines Menschen aufgezeichnet wurden. 

Der 2023 entdeckte Biomarker für chronische Schmerzen, der auf die Aktivität des orbitofrontalen Cortex im Stirnhirn hinweist, kann mittels bildgebender Verfahren gemessen werden.

Dazu zählen generell: 

  • fMRI (funktionelle Magnetresonanztomographie): Sie ermöglicht es, die Hirnaktivität in Echtzeit zu verfolgen. Forschende können den orbitofrontalen Cortex scannen und die Aktivität während Ruhephasen oder bei Schmerzreizen messen.
     
  • PET (Positronen-Emissions-Tomographie): PET-Scans verwenden radioaktive Tracer, um die Stoffwechselaktivität im Gehirn zu messen. Dies kann Hinweise auf Schmerzverarbeitung und -empfindung geben.
     
  • EEG (Elektroenzephalographie): Bei dieser Methode werden Elektroden auf der Kopfhaut platziert, um elektrische Aktivität im Gehirn zu messen. Obwohl EEG weniger spezifisch ist, kann es dennoch Informationen über die Schmerzverarbeitung liefern.
     
  • MRT (Magnetresonanztomographie): MRT-Scans können auch verwendet werden, um die Struktur und Aktivität des Gehirns zu untersuchen. Sie sind jedoch weniger empfindlich für schnelle Veränderungen der Aktivität.

 


ORIGINAL PAPER

“Virtual reality for pain management in hospitalized patients with cancer: a randomized controlled trial.” Hunter Groninger, Diana Violanti, and Mihriye Mete. CANCER; Published Online: April 8, 2024 (DOI: 10.1002/cncr.35282). 

URL: http://doi.wiley.com/10.1002/cncr.35282

VR-Therapie gegen Schmerzen (Symbolfoto). Credits: Pexels / Michelangelo Buonarroti

VR-Therapie gegen Schmerzen (Symbolfoto). Credits: Pexels / Michelangelo Buonarroti