Opioide: KI Fentanyl-Sensor ist um sechs Größenordnungen empfindlicher als bisherige Pendants

Ein neuer Fentanyl-Sensor übertrifft alles bisherigen elektrochemischen Sensoren für die Droge. Der tragbare Sensor kann zudem zwischen Fentanyl und anderen Opioiden unterscheiden.

Entwickelt wurde der Sensor von einem Forschungsteam der US-amerikanischen Pittsburgh University (PITT) unter der Leitung von Alexander Star, Chemieprofessor an der Kenneth P. Dietrich School of Arts and Sciences

Der Sensor verwendet Kohlenstoff-Nanoröhrchen und Gold-Nanopartikel, um Fentanyl von anderen Opioiden zu unterscheiden. Der Schlüssel zu seiner bahnbrechenden Empfindlichkeit liege jedoch in der Einbindung von Fentanyl-Antikörpern. "Wir nutzen sozusagen die Erfindung der Natur", sagt Star. "So können wir diese ultraniedrigen Nachweisgrenzen erreichen."

Bei dem Sensor handelt es sich um eine modifizierte Version des COVID-19-Sensors, der von Stars Forschungsgruppe im Jahr 2020 entwickelt wurde. Der COVID-Sensor selbst ist eine Anpassung eines THC-Atemtests - ähnlich einem Alkoholtester, aber für Marihuana - den der Forscher 2019 entwickelte.

Das Herzstück jedes dieser Sensoren ist ein Chip mit Kohlenstoff-Nanoröhrchen. Jedes Röhrchen ist wie ein winziger Draht, der 100.000 Mal kleiner als ein menschliches Haar ist und hervorragend Strom leitet. An den Nanoröhrchen sind Gold-Nanopartikel befestigt, die jeweils etwa 43 Nanometer groß sind.

Der Clou: Fentanylmoleküle binden an die Nanopartikel und lösen einen Strom aus. Dieser wiederum fliesst durch die Nanoröhren . Verschiedene Substanzen erzeugen dabei unterschiedliche Ströme; mithilfe von maschinellem Lernen (KI) kann der Sensor ein Fentanylmolekül identifizieren.

Die Erfolgsquote bei der Unterscheidung von Fentanyl und anderen Opioiden lag bei 91 Prozent. 

Um eine noch nie dagewesene Empfindlichkeit zu erreichen, orientierten sich Star und sein Team am COVID-Sensor und bauten Fentanyl-Antikörper ein, die sie an die Nanopartikel anhefteten. Die Idee: Die Fentanyl-Moleküle würden an die Antikörper anbinden, die auf sie treffen. Dadurch würde sich der Strom, der von den Antikörpern in die Nanoröhrchen fließt, verändern und das Vorhandensein der Droge signalisieren.

Das Ergebnis war ein Sensor, der empfindlicher ist als alle elektrochemischen Fentanylsensoren der letzten fünf Jahre. Die Sensoren von Star wiesen Fentanyl im femtomolaren Bereich nach. Das sind 10-15 Mol pro Liter. Der nächstgelegene Sensor kann Fentanyl im nanomolaren Bereich nachweisen, das sind 10-9 Mol pro Liter.

"Die Natur hat diese selektiven Rezeptoren entwickelt", sagte Star. "Wir haben sie an unsere Plattform, die Kohlenstoff-Nanoröhren, angepasst.

Neben seiner Empfindlichkeit liege ein weiterer Vorteil des Star-Sensors in seiner Tragbarkeit. Um so geringe Mengen Fentanyl nachzuweisen, benötigt man heute ein Massenspektrometer - keine besonders mobile Technologie. Der Sensor von Star hingen ist klein genug, um in der Hand gehalten zu werden - und preiswert genug, um alltagstauglich zu sein.


Original Paper

Machine Learning Discrimination and Ultrasensitive Detection of Fentanyl Using Gold Nanoparticle‐Decorated Carbon Nanotube‐Based Field‐Effect Transistor Sensors - Shao - Small - Wiley Online Library

 

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Alexander Star hat einen Fentanyl-Sensor entwickelt, der um sechs Größenordnungen empfindlicher ist als alle bisherigen elektrochemischen Sensoren für die Droge. Credits: Aimee Obidzinski/PITT

Alexander Star hat einen Fentanyl-Sensor entwickelt, der um sechs Größenordnungen empfindlicher ist als alle bisherigen elektrochemischen Sensoren für die Droge. Credits: Aimee Obidzinski/PITT