Verbandsarbeit
Labormedizin: Diagnosen sichern, Behandlungen begleiten - schnell, effizient und richtig.

Entscheidungsgrenzen und Richtgrenzen

Kriterien zur Unterscheidung zwischen gesund und krank

Laborergebnisse werden anhand von Richtgrenzen beurteilt. Unter den Oberbegriff Richtgrenze fallen Referenzintervalle, Entscheidungs- und Aktionsgrenzen. Referenzbereiche enthalten laut Definition 95% der Ergebnisse nicht-kranker Menschen. Entscheidungsgrenzen ermöglichen eine effiziente Trennung von krank und nicht-krank. Aktionsgrenzen sind empirisch festgelegte Grenzen, deren Überschreitung mit einer Handlungsanweisung verknüpft ist (Beispiel: PSA > 4µg/l ? Prostatabiopsie). Bei der Ermittlung dieser Intervalle und Grenzen und bei der Beurteilung ihrer Validität haben statistische Verfahren eine große Bedeutung.

In einer langjährigen Kooperation haben Prof. Dr. Rainer Haeckel sowie Herr Dipl. Math. Werner Wosniok und Herr Dr. Farhad Arzideh aus dem Institut für Statistik der Universität Bremen über diesen Fragenkomplex gearbeitet. 2007 wurde die bis dahin lose Zusammenarbeit in die Arbeitsgruppe Richtgrenzen der DGKL überführt, die seit Anfang 2020 in eine Sektion übergegangen ist.

„Die Sektion tagt in der Regel zweimal jährlich, bietet Kurse zum Reference Limit Estimator an und publiziert zu den Algorithmen und den gewonnenen Daten.“

 

Ziele der Sektion

Die Sektion bearbeitet Fragen, die mit der Bewertung von Laborergebnissen zusammenhängen.

Dazu gehören:

  • Verfahren zur Ermittlung von Referenzintervallen, Entscheidungs- und Aktionsgrenzen
  • Verfahren zur Abschätzung der Validität dieser Grenzen und Bereiche
  • Verfahren zur Bewertung von Laborbefunden
  • Verfahren zur Bewertung von Methodenvergleichen

Ziel ist das Erarbeiten von Lösungen, die Eingang in die Patientenversorgung finden können. Die Ergebnisse werden publiziert und in Kleinkonferenzen und Workshops im Rahmen der Jahreskongresse vorgestellt.

 

Reference Limit Estimator (RLE)
Zulässige Messunsicherheit

Im klinisch-chemischen Laboratorium wird täglich eine große Anzahl von Messwerten ermittelt, bewertet und dokumentiert. Es existiert eine Datenbank, in der die Messergebnissen und andere relevante Informationen wie z. B das Datum der Probennahme, Alter und Geschlecht.

Im Allgemeinen ist für jede Messgröße der Anteil der pathologischen Werte im Vergleich zu Gesamtzahl aller Werte gering. In diesem Fall kann man mit bestimmten Modellannahmen und mit statistischen Methoden die Verteilung der Daten mit pathologischen Werten und die Verteilung der Daten mit nicht-pathologischen Werten zu trennen. Aus der Verteilung der nicht-pathologischen Werte lassen sich dann die Referenzgrenzen als das 2,5. und 97,5. Perzentile berechnen. Werden die Daten zuvor noch nach Alter oder Geschlecht gefiltert, können alters- und geschlechtsbezogene Referenzgrenzen ermittelt werden.

Der Vorteil zur konventionellen Methode, bei der ein zuvor ausgesuchtes Referenzkollektiv untersucht wird ist enorm: Die Daten sind bereits in den Datenbanken der Laboratorien vorhanden und das langwierige Auswählen und Untersuchen von Probanden eines Referenzkollektivs entfällt. Es ist außerdem aus Organisations-, Kosten- und Zeitgründen kaum möglich, eine so große Anzahl an Probanden zu finden, dass außer nach dem Geschlecht noch weitere Stratifizierungen (z. B. nach Alter) vorgenommen werden können. Zusätzlich sind häufig Zweifel an der Repräsentativität eines ausgesuchten Kollektivs angebracht. Ist die Messmethode nur schlecht standardisiert, so können die Referenzgrenzen, die in einem Labor mit Hilfe von Probanden ermittelt wurden, nicht von anderen Laboratorien übernommen werden. Werden dagegen die Messdaten aus der eigenen Datenbank des Laboratoriums verwendet, werden laborbezogene Referenzgrenzen ermittelt. Allgemein gültige Referenzgrenzen erhält man mit diesen Verfahren, wenn sich mehrere Laboratorien an der Ermittlung beteiligen und die Messprozedur einen hohen Standardisierungsgrad aufweist.

Der Anwender bedient das Programm über eine Excel-Oberfläche. Wir empfehlen die Verwendung von Microsoft Excel ab Version 2010 (32Bit oder 64Bit). Für Anwender sehr alter Excel Versionen (2007 und älter) liegt noch eine spezielle 32Bit Version bei, die aber zukünftig nicht weiterentwickelt werden wird. Da die statistischen Berechnungen sehr umfangreich und teilweise komplex sind, wird die statistische Analyse mit dem Programm R und unter Verwendung einiger Zusatzmodule (packages) durchgeführt. Die statistischen Ergebnisse und graphischen Darstellungen werden dann wieder in die Excel-Oberfläche übertragen.
Hinweis: Aktuell werden nur 32-Bit Versionen von Microsoft Excel unterstützt!

 

DOWNLOADS

Reference Limit Estimator (Program as ZIP-File, version RLE50 20231002)
Reference Limit Estimator (PDF-Handbuch, version 20180426)
TMC - A new indirect estimation of reference intervals: truncated minimum chi-square approach.  (Download als R-Skript mit Anleitung)


Die Sektion Richtgrenzen der DGKL hat ein Konzept entwickelt, um die zulässige Messunsicherheit (zulässige Impräzision und zulässiger Bias) aus dem Referenzintervall abzuleiten. Dieses Konzept und die zugrunde liegenden Algorithmen wurden in Clin Chem Lab Med 2015 (Permissible limits of uncertainty in laboratory medicine) beschrieben. Das Excel-Programm errechnet automatisch die zulässige Messunsicherheit (permissible coefficient of variation, pCVA) und die zulässigen Grenzen der  Abweichung des Einzelwertes gemäß den RiliBÄK 2008 (∆max). Die Tabelle enthält fast alle Messgrößen der RiliBÄK 2008.

Excel-Datei Zulässige Messunsicherheit

 

Kontakt

Vorsitzender:
Prof. Dr. med. Thomas Streichert / Köln